Oktober 10, 2010

Der alte Hippodrom von Konstantinopel

Heute ging ich etwas spazieren in Djermanistan. Menschen kurz vor dem Rentenalter trugen Jacken, Hosen und Pullover mit einer Wolfstatze darauf. Die sportliche Kleidung soll diesen Menschen wohl helfen vor dem Alter besser weglaufen zu können. In dem schönen herbstlichen Park unter deutschen Eichen gab es viele die sich auf einen Marathon vorbereiten zu schienen Die Läufer hatten stark elektrolythaltige Getränke, die aussahen wie Urinflaschen um den gestählten Bauch geschnallt. Andere hatten Blutdruckgeräte an den Armen. Ich begegnete einer fitten Nation beim Sonntagsspaziergang. Abends war in den Nachrichten zu vernehmen, dass es auf Berliner Schulhöfen zu rassistischen Entgleisungen türkisch stämmiger Schüler gegenüber Ariern kam. Die Familienministerin will dagegen vorgehen. Eine Nation macht sich auf den Kulturkampf mit dem Orient bereit. Jack Wolfskin bietet das Outfit dazu.
Ich möchte Sie nun liebe LeserInnen zum Hippodrom nach Konstantinopel führen und das mit Hilfe von Helmuth von Moltke ( aus: Briefe über Zustände und Begebenheiten in der Türkei)
" Ich führe Dich nun auf einen nahen freien Platz, den grössten und fast einzigen, den Du in Konstantinopel findest, dies ist der alte Hippodrom, welcher heute den gleichbedeutenden Namen Atmeidan oder Pferdeplatz führt. (...) am besten erhalten ist aber der alte egyptische Obelisk; dieser stammt aus einer uralten Monolithen-Familie aus Theben. (...) Es ist erstaunlich dass die Türken diesen Stein haben aufrecht stehen lassen, denn er ist bedeckt nicht nur mit Käfern und Vögeln, Händen und Augen, sondern auchmit Abbildungen von Menschen, Alles so scharf gezeichnet und so wohl erhalten, dass man glaubt, es sei vor vier Tagen und nicht vor vier Jahrtausenden gemeisselt worden; (...)
Was hat doch dieser Egypter nicht Alles erlebt! Er sah das Reich der Pharaonen und dessen Sturz, sah die Blüthe Roms und seinen Verfall, die Gründung der neuen Weltstadt, den Sieg eines neuen Galubens und seinen Untergang, die Herrschaft des Islams und seine Schwäche."
Aus: Briefe über Zustände und Begebenheiten in der Türkei aus den Jahren 1835 - 1839. Helmuth von Moltke, Berlin 1876, Seiten: 175- 177.
" Die christliche Religion war im Orient in der That zu einer Art Götzendienst herabgesunken, als ssie dem neuen Glauben erlag, welcher die Lehre von der Einheit eines höchsten, rein geistigen Wesens aus dem ursprünglichen Christen- und Judenthume mit hinübergenommen und ihn zur Grundlage gemacht hatte: " Allah il Allah!" " Es giebt nur einen Gott." Aber von dieser erhabenen und reinen Lehre geht der Mohamedanismus über zu solchen Gestzen und Bestimmungen, dass er der Fortbildung der Gesellschaft durchaus hindernd in den Weg tritt. (...)
Aus: Briefe....., H.v. Moltke 1876 Berlin, 193-194
Spannend wie Moltke auch auf das Christentum eingeht, dass die wilden Germannenstämmen nur durch den Geist der Liebe in der Bergpredigt zu zivilisierten Menschen werden konnten, so ungefähr der Islam hätte die Germanen nicht zu einigermassen friedfertigen Menschen machen können.Gehen Sie in Ihre nächste Bibliothek bestellen Sie diese Buch lesen Sie dieses Buch. Sie werden Experte, was sich als interkultureller Transfer alles schon zwischen der Türkei und Djermanistan ereignet hat. Moltke war wahrscheinlich ein Scout, der den Weg bereiten sollte für die Eisenbahnlinie Berlin- Bagdad, deren Bau im 1. Weltkrieg durch die Engländer erfolgreich verhindert wurde.
Herzlichst Herrmann Finkelsteen

9 Kommentare:

Foersterliesel hat gesagt…

Sehr interessant!
Allerdings: in der Minderheit sein ist überall unbequem.

Anonym hat gesagt…

Ich bin immer in der Minderheit.

Anonym hat gesagt…

Hallo Hermannchen,

danke für den Buchtipp! Bestimmt liest der sich auch leichter als so manches philosophische Werk...

Du, hatte Moltke denn auch eine Frau?

Anonym hat gesagt…

Eines drückt mich noch. Die Germanen waren nicht wilder als alle anderen. Sie blieben halt länger Steinzeitmenschen, und verhielten sich so.
Grundsätzlich kann ich verstehen, dass sie keinesfalls Teil eines Imperium sein wollten, und es freut mich unbändig, dass wir hier in Europa ein prominentes Beispiel haben, dass man nicht zwangsweise Teil eines Imperium sein muss, um sich zu zivilisieren.

Fortan waren die Germanen, nachdem sie zum erfolgreichen Volk aufstiegen, sehr an der Idee Europa interessiert und engagiert.

Hermann Finkelsteen hat gesagt…

Liebe Minderheiten und liebe Mehrheiten!
Diese Debatte in Djermanistan ist wirklich das Allerletzte. Heute habe ich gelesen, dass mehr Auswanderer aus Djermanistan gibt als Einwanderer. Wer zahlt den Babyboomer die Renten?
Nun liebes Aussen und Innen. Diese Briefe sind vor allem an seine Frau gerichtet und es ist entzückend wie er sie mit auf diese Reise nimmt.
Aber das mit den Germanen habe ich nicht verstanden. Die Europäische Union ist doch auch sowas wie ein Imperium und da mischen die Germanistas gut mit?
Herzlichs
herrmann Finkelsteen

Avatar hat gesagt…

Da gibt es eine geheime Verwandschaft mit dem Schicksal des jüdischen Volkes, das eigentlich auch über die ganze Welt verstereut leben sollte, anstatt in einem Ghetto.

Dies hängt mit der Aufgabe Michaels als Archai zusammen...

Anonym hat gesagt…

Lieber Hermann,

ein Imperium basiert auf Herrschaft (=Gewalt). Auf sowas können wir verzichten.
Ich weiss dass es in unseren Kreisen auch EU Kritiker gibt, aber denen muss man entgegenhalten dass die EU von den Nationen selbst gebildet wurde, als die Idee stark genug wurde. Das erste Mal wurde Europa freiwillig geboren, eben ohne Gewalt, auf friedlichem Weg, und mit einem demokratischen System.

Wir können natürlich auch auf unseren Nationalgeistern beharren, nicht über sie hinauswachsen. Wer es dennoch will und die EU ablehnt, muss mir erst eine bessere Idee bringen, die uns auch in Zukunft auf Augenhöhe mit den USA und den neuen Aufstiegsnationen hält. Denn auch mit ihnen werden wir auf globaler Ebene mit demokratischen Mitteln friedlich zusammenleben, wirtschaften, und Kultur hervorbringen wollen.

Anonym hat gesagt…

Lieber Avatar,

eine meiner Kundinnen hat mir von ihrer Reise zu einer Palestinenserfamilie erzählt, sehr eindrucksvoll.
Ich glaube dass man die Menschen vor Ort am besten stärkt, indem man an ihrem Schicksal Verständnis und Anteil nimmt, und dasjenige tut was möglich ist: Kultur bauen. Beide haben ja ein Existenzrecht, Juden und Araber. Sind alle Kinder Gottes, gell.

Anonym hat gesagt…

Der Archai will der Liebe den Weg bereiten, die der Messias selbst ist...